Grüss Gott, wenn du ihn siehst!

Das ruft mir heute Morgen ein Klient zu, als er am Gassenzimmer eintrifft. Ich muss schmunzeln, ist doch gerade dieser Mann immer wieder für einen überraschenden Spruch zu haben.Dass wir die Menschen, die an uns vorbeilaufen, grüssen, sehen wir als einen unserer Aufträge mit unseren Gasseneinsätzen. Es ist uns ein Anliegen, dass Menschen sich wahrgenommen wissen, dass ihnen ein freundlicher Blick begegnet, wenn sie auf uns treffen und sie so vielleicht wenigstens einmal am Tag ein bedinungsloses Lächeln geschenkt bekommen. Das gilt nicht nur für die Klienten des Gassenzimmers, sondern für alle Menschen, die an uns vorbeilaufen.So habe ich vor einigen Tagen auch eine junge Frau gegrüsst, welche neben mir von ihrem Velo steigt und es abstellt, um – wie ich danach gemerkt habe – zu telefonieren. Auf meinen schlichten Gruss, macht sie einen Schritt zur Seite, sieht mich ganz überrascht an und sagt: „Entschuldigung! Bin ich hier irgendwie…?“ Ich versichere ihr, dass alles gut ist und sie keinen Grund hat, sich zu entschuldigen. Daraufhin muss sie lachen und sagt – wohl mehr zu sich, als zu mir: „Wo wird man heute schon gegrüsst?“Das stimmt mich nachdenklich und auch ein bisschen traurig. Ich will mir das auch ausserhalb meiner Gasseneinsätze mehr zu Herzen nehmen und Menschen bewusst wahrnehmen, nicht jedem Blick ausweichen und sogar im Tram bewusst mein Natel in der Tasche lassen. Ich will nicht Teil einer Gesellschaft sein, in der man durch einen freundlichen Gruss schon erschrickt.